Anecdote d'époque sur la construction
du chemin de fer à Bouxwiller
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Ein Eisenbahnbau
im
Elsass
Unter den gegenwärtig im Bau begriffenen Eisenbahnen des
Elsass, hat eine sich eigenthümliche Berühmtheit erworben: Obgleich die fast
kleinste und sicher unbedeutendste von allen, kann sie nicht fertig werden.
Es ist dies eine Vicinalbahn in der nähe Strassburgs, die 13
Kilometer lange Strecke von Steinburg nach Buchsweiler. Ihr Schicksal, im Elsass
schon lange eine cause célèbre, dürfte auch für weitere Kreise nicht ohne
Interesse sein.
Nachdem diese Bahn bereits im Jahr 1866 projektirt, 1869 von
der französiche Regierung genehmigt, 1870 durch den Krieg wieder sistirt, 1872
durch ein deutsches Projekt auf's neue bearbeitet, und 1874 endlich zur
Ausführung, die höchstens zwei Jahre dauern sollte, gekommen war, baut man
jetzt noch an ihr fort und fort, und der Termin der Vollendung rückt im jeden
Tage in weitere Ferne.
Ihr seltsame Missgeschick möge in Nachfolgendem seine
Erklärung finden:
Das Weichbild der Stadt Buchsweiler erhebt sich über das von
der Bahn vorher durchschnittene Terrain um circa 30 Meter und ist von diesem,
was die Schwierigkeit einigermassen erhöht, durch das Thal eines noch um wenige
Meter tiefer fliessenden Baches, geschieden. Um nun die zur Ueberschreitung des
Thales nöthigen, sei es Erdarbeiten, sei es Ueberbrückungen so gering wie
möglich zu machen, benutzten die französischen Ingenieure weithin sich
erstreckende Abhänge eines nahe gelegenen Berges, des sogennanten Bastberges;
auf ihnen eine Steigung früh beginnend, erstieg die Bahn die Stadt Buchsweiler
in Kurven von durchaus zulässige Radien, und der Damm durch das Thal des Baches
wurde nicht höher als 8 Meter.
Den deutschen Baumeistern hingegen schien diese krumme
Fährte durchaus missfallen und ihr Projekt erwählte den Weg, der vulgo
"der beste" genannt wird. Freilich sahen sie sich auf diese Weise in
die nicht unerhebliche Nothwendigkeit versetzt, das Thal des Griesbaches in
einer höhe von 20 Meter zu überschreiten, und demgemäss entweder 250.000
Cubicmeter Boden mehr zu schütten oder einen entsprechenden Viadukt zu bauen.
Ersteres, das heisst das Schütten eines Dammes, war wenig rathsam, denn der
Boden jener Gegend, Keuper-Mergel (vielfach bunter) ist hierfür geradezu
untäuglich. Besonders aus diesem Grunde hat das französiche Projekt bedeutende
Erdarbeiten Vermieden. Es fehlt diesem Mergel jede Konsistenz, jede Bindekraft
in sich; am sämmtlichen Abhängen, Chausseeböschungen und dergleichen, wo er
vom Humus entblösst liegt, kann man ihn bei feuchter Witterung ausfliessen
sehen, und vielfach sind längs den Strassen steinerne Bögen in die Böschungen
eingespannt, die dem Schub des Bodens entgegenwirken sollen.
Der Baubehörde der Reichseisenbahnen war solches natürlich nicht unbekannt,
denn bei Vorarbeiten pflegt man die Beschaffenheit des Bodens in jeder Beziehung
genau zu untersuchen; trotzdem aber -nil admirari !- gab sie der Dammschüttung
den Vorzug.
Die voraussichtlichen Folgen traten denn auch im ausgiebigsten Massen ein.
Als kaum 30.000 Cubicmeter Boden geschüttet waren, und der Damm eine höhe von
noch nicht 10 Meter erreicht hatte, begann er schon zu rutschen. Die unteren
Massen, nicht im Stande die oberen zu tragen, quollen seitlich hervor, das
nebenliegende Feld überdeckend, und der isch von Unvortheilhaftigkeit ibrer
Schüttung nicht überzeugen zu wollen.
Die bisherige Arbeitsmethode., hiess es, war eine verfehlte; man darf solchen
Boden nicht auf einmal in ganzer höhe aufdämmen, sondern auch in einzelnen
schmalen Lagen, die im Stande sind sich allmählich zu setzen. Der Unternehmer
wird also zu ganz neuen Dispositionen genöthigt, und angewiesen, ein mächtiges
Holzgerüst aufzuschlagen; auf welchem jetzt die Züge mit dem
Schüttungsmateriale vorfahren sollten.
Seit diesem Zeitpunkte musste es jedem techniseher Regeln auch noch so
unkundigen Laien auffallen, mit welcher Sorglosigkeit, um den mildesten Ausdruck
zu brauchen, die Baubehörde verging. Im Herbst 1875 und im Frühjahr 1876
regnete es unablässlich. Das Terrain der Ausschachtung, zumal es am Fusse des
quellenreichen Bastberges liegt, war in einen wahren Sumpf verwandandelt, und
der aufgeweichte Grund machte einen Verkehr fast unmöglich; nicht desto weniger
wurden die Bahnarbeiten nicht eingestellt, sondern sogar forcirt. Der
Unternehmer protestirte fast täglich, fast täglich wies er auf die
unausbleiblichen schlimmen Folgen hin; alles umsonst. Man gab ihm auf,
mindestens 500 Cubicmeter per Tag aus der Auschachtung zu fördern,
widrigenfalls ihm die Arbeit abgenommen und auf seine Kosten vollendet werden
würde. Seinen offenbaren Verlust vor Augen, aber kontraktlich gebunden, konnte
er sich nicht weigern.
Und was geschah ?
Kaum war der Winterfrost vorüber und gelindes Wetter eingetreten, da floss
plötzlich der ganze Damm (60.000 Cubicmeter lagen bereits dort) als ein
wässeriges Brei auseinander, das Gerüst total zerreissend und Balken und
Schienen in den gewältig fortdrängenden Massen begrabend.
Jetzt schien es auch einer hohen Generaldirektion zu
Strassburg einzuleuchten, dass an Fertigstelluug der Bahn mit solchen Materialen
nicht zu denken sei, und das Resultat einer tiefgehenden Berathung war:
Verwerfung des bisherigen Bodens und Einrichtung einer neuen Entnahme in der
Nähe, wo guter Sandboden zu finden war. Indessen musste noch ein bedeutendes
Quantum von schlimmen Soerte aus dem bisherigen Ausschachtungsterrain entfernt
werden, und wo 60.000 Cubicmeter lagen, da hatten auch weitere 32.000 Platz. Man
schüttete sie einfach da.
An Ort und Stelle also liegen jetzt 92.000 Cubicmeter (der
Volksmund behauptet es seien nur laufende Meter) und rutschen. Sie gehen
seitwärts über Feld und Acker, sie füllen den Griesbach zu und hemmen den
Lauf seines Wassers; sie fangen an, den Durchlass über demselben zu zerdrücken
und rutschen fort und fort. Es ist nicht abzusehen, wann die Kalamität einmal
ein Ende nehmen, wann der Dammen halten wird, denn wie eifrig man auch die volle
Herstellung desselben mit guten Sandmassen betreibt, nachdem schon der
äusserste Termin der Vollendung (der 1. Juli 1876) lange überschritten ist,
auch die guten Sandmassen werden davonlaufen, wo der schlechte Letteboden unter
ihnen liegt.
Da erscheint wohl einmal als seltener Gast ein Herr
Geheimerath aus Berlin, sieht sich den Fall an, schüttelt verwundert das Haupt,
doch lässt er es rutschen; da kommt vielleicht öfters einer der 13 Direktoren
aus Strassburg, bemerkt dies oder jenes, was ohne Zweifel helfen muss, und
lässt es rutschen; da spaziert allwöchentlich der dortige Abteilungsbaumeister
zum Grabe seiner technichen Fähigkeit, weiss jedesmal ein anderes, noch
vortrefflicher Mittel, lässt es aber rutschen, und schliesslich der unter ihm
stehende genius loci denkt: Wenn die grossen Herren das Rutschen so wenig
Schmerz bereitet, ei nun, so lasse ich es auch rutschen.
So rutsche denn, du Damm, gemüthlich weiter,
In jenem Thal voll stiller Harmonie !
möchte man ein bekanntes Lied parodiren.
Uebrigens wollte die Direktion auch die neue
Bodenausschachtung und die abermalige Dispositionsänderung dem Unternehmer,
Herrn B., aus Strassburg, zudiktiren; wer die Daumschrauben - Paragraphen
solcher Submission - Kontrakte kennt, wird es erklärlich finden. Herr B.
indessen würdigte in richtiger Weise ein bezügliches Schreiben der Direktion
gar keiner Antwort.
So ward eine neue Submission ausgeschrieben, und nachdem ein zweiter
Unternehmer gegen ein ganz übertriebenes Abgebot von 22% den Zuschlag
erhalten, sich aber noch zeitig genug klar gemacht hatte, dass er bei dieser
Arbeit, zu solchem Preise, sein Vermögen nur verlieren könne und alsbald
wieder zurückgetreten war, baut jetzt endlich ein dritter die Strecke fertig,
oder vielmehr hofft, sie fertig bauen zu können.
Wie aber ergeht es jenem ersten Unternehmer, der durch die
Dammrutschung, verbunden mit verkehrten Anordnungen der Direktionsbeamten,
schwere Verluste erlitten hat? Grosse Summen hat er eingebüsst, und solches
nachgewiesen.
Anfangs weigerte sich die General-Direktion überhaupt etwas
zu zahlen, mit der Zeit aber liess sie mit sich handeln. Erst bot sie 20.000
Mark, dann 40.000 (letztere Summe die höchste, über die sie ohne Genehmigung
des Reichskanzleramtes verfügen kann), und sie wird wohl noch weiter mit sich
handeln lassen.
Das ist die Geschichte der 13 Kilometer langen Bahnlinie von
Steinburg nach Buchsweiler. Welchen Eindruck sie auf die Elsässer und besonders
auf die macht, welche schon seit Jahren sehnsüchtig auf die Betriebseröffnung
warten, bedarf keiner Schilderung.
Vor einigen Monaten lasen wir in der "Strassburger
Zeitung" eine Mitteilung von geschätzter Seite, die eine Vollendung der
Bahn im Jahre 1877 bestimmt versprach, und da muss man jetzt mit ansehen, wie
der rutschende Damm wieder abgetragen wird und zum Theil zertrümmerte Durchlass
vor gänlichem Einsturz kaum gerettet werden kann.
Aber die geschäzte Seite hält vielleicht dennoch ihr
Versprechen...